Montag, 1. Februar 2016

 21.01-22.01.2016


Kapitel II

Erschrocken erwachte ich von einem Klingeln. Zunächst dachte ich an das Telefon, aber das war es nicht. Müde streckte ich mich. Mein Rücken schmerzte etwas von der Nacht auf dem Sessel. Ich zuckte mit den Schultern. Der Schmerz ging vorbei, er würde zur Vergangenheit werden und das Vergange war nicht mehr real. Es klingelte erneut. Neugierig hob ich den Kopf. Wenn ich ein wenig warte, würde ich bestimmt die Quelle ausmachen können, dachte ich mir. Letztlich löste sich alles auf, oder auch nicht, das lag nicht in meiner Macht. Wiederholtes Klingeln. Ich mochte dieses Klingeln, es war nicht so störend, wie das des Telefons. Ich fragte mich, ob ich aufstehen sollte, vielleicht konnte ich dann herausfinden, woher es kam. Aber ich war noch müde, ein wenig Schlaf war keine so schlechte Idee. Nur kurz ausruhen. Ich schloss die Augen und schlief zum harmonischen Klang der Klingel ein. Ein wenig später erwachte ich und sah Verena vor mir stehen.
"Guten Morgen, Verena", sagte ich fröhlich.
"Guten Morgen?" Sie lachte ihr symphatisches Lachen, "Es ist bereits zwölf, mein Lieber."
Schuldbewusst krazte ich mir am Hinterkopf. "Ich war müde. Wenn ich müde bin, schlafe ich und wache ich auf, ist es Morgen, denke ich. Ist es wirklich schon so spät?" Unbehaglich rutschte ich auf dem Sessel in eine gemütlichere Position. "Möchtest du einen Kaffee, Verena? Ich weiß allerdings nicht, ob ich Kaffee habe, aber man bietet Gästen Kaffee an, glaube ich. Ja das wäre eine gute Idee, auch ich nehme einen Kaffee, denke ich. Wenn einer da ist. Warte, ich schau nach." Und ich sprang aus dem Sessel in die Küche. Ich durchsuchte nach und nach alle Schubladen und wurde immer trauriger. Ich drehte mich um, Verena stand lächelnd in der Tür.
"Ich kann leider keinen Kaffee finden, das tut mir leid Verena. Vielleicht taucht einer auf, wenn wir warten?" Ich lachte. "Ich glaube zwar nicht so wirklich daran, aber man kann sich ja nie ganz sicher sein, meinst du nicht auch?" Ich zwinkerte ihr fröhlich zu.
"Sebas, ich habe dir gestern frischen Kaffee gebracht, wenn du nicht alles schon getrunken hast, was ich nicht glaube, dann ist er noch immer dort, wo ich ihn hingelegt habe." Sie griff an mir vorbei und zauberte tatsächlich eine Packung Kaffee hervor. Freudig lachte ich und nahm ihn ihr ab. Während ich Kaffee mache versuchte ich mich an Gestern zu erinnern.
"Du warst Gestern da?"
"Ja sicher, zur gleichen Zeit wie immer."
"Wie immer? Soso? Weißt du, das liegt so weit zurück. Ja vielleicht warst du wirklich gestern da. Ich sehe hier frische Äpfel und Kaffee und ich denke mir, dass sie jemand gebracht haben muss, also macht es Sinn, was du da sagst."
Langsam rann der Kaffee durch die Maschiene und ich betrachtete ihn erfreut. Wir setzten uns an den Küchentisch, tranken Kaffee und aßen Kuchen, den Verena mitgebracht hatte. Sie war eine wirklich liebe Frau. Ich erinnere mich nicht, wann sie das erste mal zu mir gekommen war. Aber das spielte keine Rolle.
"Sebas, magst du nicht einmal mit mir raus gehen? Ein Spaziergang im Park, oder ins Kino, vielleicht ins Museum? Du bist nur in deiner Wohnung, hast du denn keine Lust etwas Anderes zu sehen?"
"Etwas Anderes?" Der Gedanke überforderte mich ein wenig. "Ich mag es hier, weißt du. Warum brauche ich etwas Anderes?"
"Warst du denn schon einmal im Kino?"
"Weiß ich nicht, vielleicht, aber spielt es denn eine Rolle? Braucht man das Kino?" Ich wurde unsicherer, konnte nicht ganz verstehen, worauf sie hinaus wollte.
Verena lachte freundlich.  "Du brauchst keine Sorge zu haben, Sebas. Wofür braucht man das Kino? Eigentlich eine gute Frage. Man braucht es nicht wirklich. Es macht einfach Spaß, weißt du?"
"Spaß?" Ja, Spaß klang gut. Aber raus? Da kannte ich gar nichts. Nun im Grunde genommen kannte ich hier auch nichts, ich hatte lediglich eine Ahnung. Die Ahnung war beruhigend.
"Was machst du denn gerne Sebas?"
"Was ich gerne mache?" Ich blickte auf die Kaffeetasse und nahm einen Schluck. "Ich trinke gerne Kaffee, denke ich. Vielleicht rauche ich auch gerne eine Zigarette." Ich blickte auf ihre Schachtel Zigaretten.
Sie lachte. "Bitte nimm dir."
"Danke, das ist sehr lieb von dir." Ich nahm ein paar Züge und freute mich an den verschlungenen Wirbeln, die der Rauch formte. Probeweise versuchte ich ein paar Rauchringe zu blasen, aber sie gelangen nicht wirklich. Das würde ich noch üben müssen dachte ich mir. "Ist es denn kalt draußen?" Tastete ich mich vorsichtig wieder an das Thema heran. "Du bist Mantel und Schal hereingekommen und deine Wangen waren auch ganz rot. Es ist bestimmt recht kalt heraußen, nicht wahr?"
"Ja, das stimmt, aber zieht man sich warm an macht das eigentlich nicht mehr viel aus und wenn es dir zu kalt ist können wir uns auch gerne irgendwo rein setzen. Vielleicht in ein Café?"
"Aber wo ist der Sinn raus zu gehen, wenn man wieder rein geht? Kaffee habe ich ja hier," sagte ich nicht ohne Stolz und schwenkte meine Tasse.
"Aber du könntest auch andere Menschen kennen lernen, vielleicht würde dir das gefallen? Mit mir unterhälst du dich doch auch gerne."
"Ja das wäre vielleicht ganz nett. Ja ich werde darüber nachdenken."
"Vergisst du es auch nicht, mein Lieber?"
"Ja das könnte vielleicht passieren. Aber warte ich habe eine gute Idee." Ich ging ins Arbeitszimmer und kam mit Stift und Papier wieder. "Hier siehst du, ich werde es notieren. Als Erinnerung: Nicht vergessen: darüber nachdenken."
"Fehlt da nicht etwas, Sebas?" Fragte sie mich fröhlich.
Ich blickte ihr unschlüssig entgegen und setzte vorsichtig noch ein Rufzeichen dahinter. Fragend sah ich sie an.
Sie lachte und zwinkerte mir zu. "Aber über was genau sollst du denn nachdenken?"
Ich schlug mir mit der flachen Hand gegen die Stirn. "Aber natürlich!" Also schrieb ich den Satz neu: Darüber nachdenken, ob ich neue Menschen treffen möchte! Das Rufzeichen war außerordentlich wichtig spürte ich instinktiv.

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